Ihr interessiert euch für meine Gedanken zu meiner Auszeit in Fort Portal? Ja, die Gedanken kreisen ständig um die zwei Monate, die ich dort verbringen durfte. Durfte, weil ich dankbar bin, dass ich mir diese „Auszeit“ in finanzieller Hinsicht leisten konnte neben dem, dass es (mir) innerhalb meines Berufes und auch von Perspektive für Kinder aus möglich war. PfK_Sabarina Stimpfl03

Uns allen ist bewusst, dass es viele Missstände in Entwicklungsländern gibt – dazu muss man nicht unbedingt in einem gewesen sein. Das dachte ich mir jedenfalls. PfK_Sabarina Stimpfl01

Ich kam schon viel in der Welt herum, war in Entwicklungsländern, mehrere Monate im Ausland und musste mich irgendwo eingewöhnen. Aus Uganda zurück zu kommen und wieder in meinen „normalen“ Alltag einzusteigen fiel mir dieses Mal jedoch erstaunlich schwer. An was es lag? Vielleicht waren es die vielen lieben ArbeitskollegInnen, mit denen ich bei YAWE zusammenarbeiten durfte, und die mir teilweise sehr ans Herz gewachsen sind. Vielleicht waren es die herzergreifenden Eindrücke, die ich sammelte oder die pure Dankbarkeit der betreuten Familien aus den Dörfern, die ich während der Homevisits kennenlernte. Vielleicht waren es die Blödeleien mit den Jugendlichen während ihrer Proben oder Auftritte, oder das sich Willkommen fühlen, das ich auf unterschiedliche Art erfuhr. Oder einfach alles zusammen und noch viel mehr. 

Das, was ich außerdem mit nach Hause nahm, waren natürlich nicht nur materielle Dinge. Erlebtes, Eindrücke und Empfindungen waren mit im Gepäck und davon nicht wenig. Zu Hause angekommen versuchte ich mich zu sortieren. Vor allem wollte ich nicht „Moralapostel“ spielen, obwohl mir hin und wieder danach war. Wir wissen theoretisch wie gut es uns hier in Österreich geht, aber wir vergessen es leider oder nehmen es im schlimmsten Fall gar nicht als solches wahr. Manchmal, meistens dann, wenn ich ein längeres Gespräch mit jemandem über die Missstände in Uganda führte oder Neues erfuhr, fragte ich mich, was mein Beitrag überhaupt brächte. Ich fühlte mich machtlos. Dieser Gedanke verflog, sah ich doch, mit welcher Hingabe die YAWE-MitarbeiterInnen und vielen Freiwilligen bei der Sache waren. Außerdem tut sich etwas, es braucht einfach Zeit, Geduld und Menschen, die glauben und machen. Denn es kann sich etwas ändern und jeder noch so kleine Beitrag, wie der meine, leistet etwas zu dieser Veränderung bei. PfK_Sabarina Stimpfl02

Was ich in den zwei Monaten gemacht habe? Meine Ausbildung sowie Berufserfahrung im kreativen und kommunikativen Bereich wie das Filmen und die Postproduktion sowie die Öffentlichkeits- und Kommunikationsarbeit erlaubten mir in und um Fort Portal mit meiner Kamera sowie meinem Handy Eindrücke, Persönlichkeiten und Schicksale filmisch und fotografisch festzuhalten. Außerdem habe ich meine YAWE-ArbeitskollegInnen zur Social Media-Arbeit instruiert bzw. sie unterstützt, um so auch Perspektive für Kinder in ihrer Öffentlichkeitsarbeit und Außenwirkung mit „Material zu beliefern“. Ein (Bewegt-)Bild sagt schließlich mehr als tausend Worte. 

Was ich so erlebt habe? Gewohnt habe ich in einer für uns schlichten, für ugandische Verhältnisse jedoch luxuriöser Wohnung ca. 5 Gehminuten von der YAWE-Office entfernt. Wohnzimmer, Küche mit Gasherd (ohne Kühlschrank), fließend (Kalt-)Wasser und Strom, drei Schlafzimmern, und Badezimmer mit WC und (theoretisch) einer Dusche (sie funktionierte leider nicht). Da ich zwischen Oktober und November in Fort Portal war, kam ich in den Genuss der ugandischen Regenzeit. Straßen, die nicht asphaltiert – dies macht einen Großteil des Straßennetzes aus – und teilweise so vermatscht und „verspurt“ sind, dass eine Boda-Boda-Fahrt zurm reinsten Abenteuer oder Qual, das ist Ansichtssache, wird, bzw. diese sogar unmöglich macht, sind zu dieser Zeit normal. Für mich war das so gesehen ein Abenteuer, für die Menschen Alltag, sie bewältigen unter diesen widrigen Verhältnissen zu Fuß oder mit dem Boda-Boda ihren täglichen Weg. So ein Regenguss, und der kann auch mal andauern, kann jederzeit kommen und hat zur Folge, dass die Zeit quasi still steht. So kamen mein Arbeitskollege Gilbert und ich einmal zu einem unverhofften längeren Gespräch in einem „Geschäftsraum“, da wir es nicht mehr rechtzeitig mit dem Motorrad zurück schafften, und das eine Fahrtminute von der YAWE-Office entfernt. Die Uhren ticken generell langsamer in Uganda. Man muss sich daran gewöhnen, dass mal der Fahrer zu spät kommt, das Auto nicht anspringt und man anschieben muss oder gar nicht mehr fahren kann. Dass ein Upload ewig dauert, wenn er überhaupt möglich ist. Dass es eigentlich ganz lustig ist, mit der Stirnlampe zu kochen und dass Duschen oder Haarewaschen überbewertet werden. Aber das sind für mich noch „Luxusprobleme“, bedenkt man, dass es für viele Menschen ums Überleben geht. Man lernt Dinge zu schätzen, die zu Hause selbstverständlich sind: Strom, (Warm)Wasser, die Möglichkeit, einen Krankenwagen zu rufen oder sich nachts alleine fortzubewegen. Man erlebt Schönes und Kurioses wie die Boda-Boda-Fahrten und den Blick zum Sternenhimmel währenddessen, mit welcher Freude und Können Ugander tanzen, die Gastfreundschaft, die Entfernung eines Jiggers (Sandfloh im Fuß) oder man probiert Neues aus wie Ensenene (fritierte Grashüpfer als Snack). Vor allem aber begreift man, wie wichtig Aufklärung und Bildung sind. Perspektive für Kinder und YAWE machen das möglich und die Dankbarkeit der Betroffenen ist groß. Ich hörte einige Erfolgsgeschichten von Menschen, die ohne die Hilfe nicht dort wären, wo sie jetzt sind. Manche erhielten eine Berufsausbildung und verdienen nun Geld. Andere erhielten physiotherapeutische und medizinische Betreuung und leben nun (den Umständen entsprechend) besser. 

Ich begleitete meine ArbeitskollegInnen bei ihrer Arbeit oder die HIV-positiven Jugendlichen bei ihren Proben oder Auftritten. Diese sind mit einem solchen Eifer dabei und machen teilweise selbst Aufklärungsarbeit und bringen sich ein. Durch das Begleiten der unterschiedlichen YAWE-Projekte sah ich viele Orte, die „normale“ Touristen nicht zu sehen bekommen. An manchen Wochenenden unternahm ich gemeinsam mit meinen Volunteer-Kolleginnen Ausflüge um Fort Portal und genoss, was Uganda Schönes zu bieten hatte. Ich durfte bei einer Introduction Ceremony (Verlobungsfeier) dabei sein, lernte Chapati zuzubereiten und ein paar Worte Rutooro (Sprache im Königreich Toro, zu dem auch Fort Portal gehört). 

Abschließend kann ich mich nur wiederholen: Es ist das eine, darüber zu lesen/hören oder selbst hautnah zu erleben, wie die Menschen in Uganda leben, was sie zu sagen und womit sie zu kämpfen haben, mit ihnen zu sprechen und mitzuerleben, wie das Leben dort läuft. Es war eine schöne und eindrückliche Zeit, die ich nicht missen möchte. Meine Bewunderung gilt den Menschen, die sich (ehrenamtlich) für jene einsetzen, die nichts haben.

Sabrina Stimpfl
Freiwilligenarbeit (Okotber – Dezember 2018)

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