„The pearl of Africa“, so hat Winston Churchill Uganda nach seinem Besuch im Jahre 1907 beschrieben. Obwohl sich seither in Uganda bestimmt sehr viel verändert hat, muss man als Besucher dieser Aussage zustimmen! Die schier endlos erscheinenden grünen Hügel voller Bananenplantagen und anderen tropischen Schätzen, die dichten Wälder die von oben aussehen wie Brokkoli, Seen vulkanischen Ursprungs, äquatorial gelegene vergletscherte Gipfel, unzählige Tierarten die man sonst nur aus Dokumentationen kennt… Das sind nur einige Beispiele die wohl schon ausreichen um Uganda’s Status als Perle Afrikas zu untermauern.
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Diese Schönheit wird abseits von Hauptverkehrsadern (die oftmals auch Schlaglochreich sind) meist nur von lehmigen Trampelpfaden durchzogen – würden zumindest wir westlichen Besucher behaupten. Für die Einheimischen sind das aber oftmals wichtige Verkehrswege die von Boda Boda’s (Motorräder) und manchmal, unglaublich aber wahr, auch von Autos befahren werden können. Alleine Regen führt manchmal dazu, dass selbst Einheimische nicht mehr vorwärts kommen.

Mit diesen Straßenverhältnissen hatte auch ich zu kämpfen als in ich Uganda ankam. Ich reiste Anfang Dezember nach Fort Portal, um als Volunteer für den Verein Perspektive für Kinder bzw. die YAWE Foundation tätig zu sein. Ich bin übrigens Conny, wohnhaft in Innsbruck und als Physiotherapeutin in der Praxis Weitblick beschäftigt, die im Rahmen der Weitblick help foundation die obengenannten Vereine unterstützt. Neben dem HIV Schwerpunkt von YAWE hat sich auch ein Projekt für körperlich und geistig beeinträchtige Kinder und Jugendliche entwickelt, welches von Gilbert, einem sehr engagierten jungen Einheimischen betreut wird. Mit ihm war ich den Großteil meines Aufenthaltes unterwegs –auf den oben erwähnten Straßen und Wegen…
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Da die meisten unserer Klienten sehr abgelegen in kleinen Dörfchen leben und ein Transport von diesen Menschen ein größeres logistisches und vor allem auch finanzielles Unterfangen wäre, begibt Gilbert sich auf „homevisits“. Das bedeutet, die Therapie findet im Zuhause der betreuten Menschen statt. Um diese zu erreichen nutzt man kurzerhand ein Motorrad, da die Wege oft wirklich nur Trampelpfade sind. Zu Beginn meiner Arbeit mit Gilbert war ich brav Beifahrerin und nach den rumpeligen Fahrten am Sozius immer froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Auch Gilbert war erleichtert sobald wir unser Ziel erreichten, was vor allem daran liegt, dass er schlicht und ergreifend nicht gerne Motorrad fährt. Ich aber eigentlich schon! Also beschlossen wir unsere Rollen zu tauschen. Von nun an war ich die Fahrerin. Zurück zu unseren homevisits: Die meisten von uns besuchten Kinder und Jugendlichen haben keinen Vater, manchmal auch keine Mutter mehr. Das liegt nicht nur daran, dass diese vielleicht verstorben sind, sondern auch daran, dass ein behindertes Kind zu haben in Uganda stark stigmatisiert wird. Ein Fluch für die Familie quasi. Aus diesem Grund machen sich vorwiegend die Väter recht schnell aus dem Staub sobald sich zeigt, dass ein Kind eine Behinderung hat und gründen eine neue Familie. Die Mütter bleiben mit den meist zahlreichen weiteren Kindern auf sich alleine gestellt zurück. Oder die Kinder wachsen bei der Großmutter oder anderen Verwandten auf. Dementsprechend sind auch die Verhältnisse in denen man diesen Kindern oft begegnet. Da die Mütter hart arbeiten müssen um ihre Familie zu erhalten werden die Kinder alleine zu Hause gelassen. Manchmal sind die Mutter oder Geschwister in der Nähe, manchmal nicht.
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Die Diagnosen mit denen ich zu tun hatte variieren von Zerebralparese, Spina Bifida und Autismus, bis hin zu Folgen von zerebraler Malaria. In unseren Breiten würden diese Kinder eine 24-h Betreuung und regelmäßige Therapie erhalten. Hier sind die Eltern oder Erziehenden froh, wenn einmal pro Monat jemand vorbeikommt um sich der Kinder anzunehmen. Geübt werden vorwiegend Fähigkeiten die den Patientinnen mehr Selbstständigkeit ermöglichen sollen, wie zum Beispiel Sitzen, selbstständig Essen oder den Rollstuhl vorwärtsbewegen. In manchen Fällen zeigen sich die Fortschritte langsam , aber umso euphorischer ist man, wenn die Arbeit schlussendlich Früchte trägt. Vor allem die Eltern rechnen nicht damit, dass der Zustand ihres Kindes sich verändern kann. In der öffentlichen Wahrnehmung ist ein behindertes Kind so wie es ist, unveränderlich, quasi abgeschrieben. Zeigen sich allerdings Fortschritte werden auch die Eltern motiviert sich mehr mit ihren Kindern auseinanderzusetzen.

Bevor ich nach Uganda kam hatte ich großen Respekt vor den Eindrücken die mich wohl erwarten würden. Vor allem in Hinblick auf die Schicksale der Kinder und Jugendlichen. Aber meine Sorge war unberechtigt und ich konnte sicherlich viel von den Ugandern lernen. Was nach meiner Zeit und Arbeit nämlich noch größeren Eindruck hinterlassen hat als die Schönheit der Landschaft, ist wohl die Freude und Großherzigkeit der Menschen. Laut UN Bericht zählen die Menschen in Uganda zu den glücklichsten in Ostafrika. Das dies nicht auf die physischen Umstände des Lebens hier zurückzuführen ist steht außer Frage. Was macht die Menschen hier also glücklicher als z.B. in Tansania? Vermutlich einfach die ugandische Lebenseinstellung. Obwohl viele Menschen unter der Armutsgrenze leben und nicht wissen woher ihre nächste Mahlzeit kommen soll, sind sie allzeit bereit zu scherzen oder gemeinsam zu lachen. Und auch ein behindertes Kind in die familiäre oder nachbarschaftliche Gemeinschaft einzubeziehen. Es war wirklich rührend zu sehen wie manche Kinder trotz ihrer starken Einschränkung, der Unfähigkeit zu sprechen oder sich zu bewegen, eingebunden und menschlich behandelt werden. Vielleicht sogar menschlicher als bei uns.

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Da ich auch Weihnachten und Neujahr bei YAWE verbringen durfte, habe ich wirklich gute Eindrücke von den lokalen Gepflogenheiten und der ugandischen Gastfreundschaft erhalten. Fort Portal ist wahrlich ein Ort in dem man schnell Freunde findet und sich wohl fühlt. Vor allem in der YAWE Familie wird man herzlich aufgenommen. Somit waren die fünf Wochen waren definitiv eine gute Erfahrung für mich. Durch die homevisits wurden mir Einblicke ermöglicht, die man als Tourist selten bekommt. Wenn man sich dann einmal auf Touristenpfade begibt ist die Diskrepanz der man begegnet umso verstörender. Nicht nur die Diskrepanz zwischen Ugandern und Touristen, sondern auch die enorme Schere innerhalb Ugandas. Es gibt zwar eine Mittelschicht und eine sehr reiche Oberschicht, aber der Anteil der Menschen die nicht zu dieser gehören und die nicht wissen wie sie das Schuldgeld ihrer Kinder bezahlen sollen oder woher Geld für die nächste Mahlzeit kommen könnte, ist bedeutend höher. Am schlimmsten ist wohl, dass all diese Menschen und auch das Land mit all seinen Schätzen von der korrupten Oberschicht schamlos ausgebeutet werden. Dieser Schattenseiten sollte man sich als Besucher definitiv bewusst sein und sich eventuell überlegen welche Rolle man selbst spielen möchte.

Mir bleibt nur mich zu bedanken, bei all den Menschen die mir diese Erfahrung ermöglicht haben und Jedem dem ich begegnen durfte! Und ich hoffe, dass die Arbeit während meines kurzen Aufenthaltes einen kleinen Beitrag leisten konnte!

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