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Lisi Mitterrutzner ist Logopädin und arbeitete für 2 Monate in Uganda im Behindertenprojekt.

Der Traum nach Afrika zu reisen, um Land und Leute kennenzulernen und eine Zeit lang vor Ort am Leben (und „Überleben“) der Menschen teilhaben zu können, geisterte schon lange in meinem Kopf herum. Irgendwann kam der Punkt, an dem dieser Traum konkreter wurde und die Planung begann. In Thomas und Elisabeth fand ich zwei offene, kritische Menschen, die mich bestmöglich beim Umsetzen unterstützten und mir „ihr“ Projekt auch ganz konkret beschreiben konnten.

Bis zum Zeitpunkt des Abflugs war es dann ein ziemliches Gefühls- auf und ab, ein Gemisch aus Freude und Zweifeln. Diese Gefühle blieben auch in den 2 Monaten in Fort Portal bestehen. Im Projekt selbst arbeitete ich hauptsächlich gemeinsam mit Vincent und zwar im „Special needs“ Projekt. Wir besuchten Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in nahen und weit entfernten Dörfern und versuchten ihnen bestmöglich zu helfen. Behinderungen sind mit vielen Mythen belegt. Weit verbreitet sind Fluch und Bestrafung als Gründe für Behinderungen. Unsere Arbeit umfasste vor allem Bewusstseinsbildung und Anleitungen für Positionierung. Dabei erfüllte mich besonders die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen selbst. Bei den Gesprächen mit den Eltern hingegen zwang mich die Sprachbarriere oft in die Beobachterrolle und ich war auf Vincent als Dolmetscher angewiesen. Mit den Kindern brauchte es oft gar keine gemeinsame Sprache, wir verstanden uns auch so.

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Zwei Monate sind für den Aufbau eines solchen Projektes sicher sehr wenig, und bedingt durch die teils weiten Strecken zu „unseren“ Kindern, war mir ein mehrmaliger Besuch von manchen Familien nicht möglich. Trotzdem hatte ich ganz oft ein sehr „SINNhaftes“ Gefühl und ich bin froh, dass nach mir gleich Maresi als Freiwillige ins Projekt kam.

Das Land ist unglaublich schön und farbenfroh – ich habe in meinem Leben noch nie ein so sattes Grün gesehen. Fruchtbarer Boden wohin man schaut. Die Ausflüge in die umgebenden Nationalparks zählten auf jeden Fall auch zu meinen persönlichen Highlights. Dieser Reichtum der Natur steht oft im krassen Widerspruch zum Leben und Alltag der Menschen in Fort Portal.

Vielerorts geht es, in primärer Hinsicht, ums Sichern des eigenen Tagesbedarfes- das Leben dreht sich um das Hier und Jetzt. Zudem halten auch große Pläne und Visionen mehr und mehr Einzug, oft geprägt von westlichen „Vorbildern“, mit dem Wunsch nach Pionierarbeit und finanziellem Aufschwung verknüpft. Diese bergen die Gefahr auf die Solidarität untereinander zu vergessen, da es in erster Linie um die eigene Person geht.

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Die Frage der Armut beschäftigte mich oft, oder besser: Das Bild, das wir der Armut beiläufig anhängen. Das von westlichen Ländern dargestellte „Hungerbild“ mit spindeldürren Ärmchen und Beinchen und aufgedunsenen Wasserbäuchen stellt die Realität in Westuganda falsch oder vielmehr stark verzerrt dar.

Fehl- bzw. Mangelernährung sind wichtige Themen, jedoch „entsprechen“ die meisten Menschen unserem Armutsbild nicht. Falsche Aufklärung bzw. unkoordinierte Hilfeleistungen oder falsche Hilfsgüter (auch wenn sie mit besten Absichten hingeschickt werden) tragen zu Missverständnissen bei, die die Situation zudem verschärfen. Dem Äußeren (also z.B. Kleidung) kann aufgrund zunehmender „falscher Hilfe“ mehr Beachtung geschenkt werden; das schaut dann gepflegt und „wohlhabend“ aus, täuscht allerdings über die tatsächlichen Lebensverhältnisse hinweg. Dies erschwert es natürlich Unterstützungsmittel in welcher Art auch immer für die Menschen zu sammeln.

Nach meiner Rückkehr fragten mich viele Menschen „Und, wie wors? Wors schian?“ (Und wie wars? Wars schön?) und jedes Mal tat ich mich schwer ihnen diese erlebnisreiche Zeit in kurzen Worten beschreiben zu können. Vielleicht lässt es sich am besten mit „intensiv“ beschreiben. Ich habe in dieser Zeit sehr schöne Begegnungen erleben dürfen und viele besondere Menschen kennengelernt. Es waren aber auch Momente dabei, die mich nach wie vor beschäftigen und schwer zu ertragen/ sehen waren. Zudem stellten und stellen sich für mich wesentliche Fragen in Bezug auf Entwicklungszusammenarbeit: Was ist das überhaupt? Welche Hilfen machen Sinn? Ist das, was ich gut finde wirklich gut oder hängt das vor allem mit meinem kulturellen Hintergrund und mit bisherigen Erfahrungen zusammen?

Uns allen, die wir sagen, dass wir die Welt eh nicht verändern können, schicke ich jetzt noch einen Gedanken von Albert Schweitzer mit auf den Weg:

„Das Wenige, das du tun kannst, ist viel.“

Albert Schweitzer (1875-1965)

Danke an alle, die sich die Zeit genommen haben, diese Zeilen zu lesen.

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